Das letzte Gewitter diesen Sommers hatte eine alte Türsprechanlage erwischt. Eine gute Gelegenheit für einen Reparaturversuch, da nichts mehr zu verlieren war und neue Anlagen nicht besser in die vorhandene Installation passen.

Analyse der Technik

Die Anlage ist technisch betrachtet überraschend einfach aufgebaut. Die Platinen enthalten im Wesentlichen unbestückte Plätze für teurere Varianten der Anlage. Der kommerzielle Wert liegt eher in der geschickten Kombination und Auswahl der Bauteile und der Zertifizierung. Insbesondere der Lautsprecher für den Außenbereich ist speziell: Die Membran ist aus einem Kunststoff anstelle der üblichen Pappe. Dadurch wird es Wetterfest. Demgegenüber wurde bei allen anderen Bauteilen kräftig gespart.

Die kleinen Elektret-Mikrofone sind an einen kleinen Verstärker angeschlossen. Dieser besteht lediglich aus einem NPN Transistor für NF mit Stromverstärkung ca. 200-400. Mittels eines Trimm-Widerstands wird die Verstärkung eingestellt. Der Verstärker des Außenmikrofons ist direkt mit dem kleinen Lautsprecher im Hörer im Haus verbunden.

Der Mikrofon-Verstärker im Hörer im Haus ist mit einer zweiten Verstärkerstufe verbunden. Diese befindet sich in der Basisstation neben der Stromversorgung. Der Schaltkreis war nicht markiert und wegen des Gewitterschadens sowieso nicht mehr lesbar. Dennoch war die Analyse schnell mit Raten erledigt: Es handelt sich um einen LM386 mit der quasi Minimalbeschaltung direkt aus dem Datenblatt. Von dort geht das Signal direkt zum Außenlautsprecher.

Die Stromversorgung liefert 8V Wechselspannung für das Klingelsystem sowie „9V“ „Gleichspannung“ für die Audio-Verstärker. Allerdings sind es weder 9V noch gute Gleichspannung. Der Klingeltrafo liefert direkt die 8V Wechselspannung. Diese wird mit einer einzigen Diode „halbwegs“ gleichgerichtet und mit einem Elko geglättet. Als Gleichspannung erhält man so ca. 8*1,41=11,3V. Diese wird mit einem 7809 Spannungsregler auf 9V reduziert. Aber an dem Masseanschluss des Spannungsreglers ist eine Diode eingefügt. Diese erhöht die Spannungsreferenz um ca. 0,7V und somit die Ausgangsspannung auf 9,7V. Der 7809 hat eine Dropout-Spannung von 2V bis 2,5V. Somit kann er bei 11,3V am Eingang nicht wirklich die Spannung auf 9,7V stabilisieren. Die Auswirkungen und vermutlichen Gründe sehen wir später.

Als letztes Detail ist der Hörer im Haus interessant. Die Aufhängung enthält einen Mehrwege-Schalter. Durch ihn werden die Mikrofon-Verstärker nur mit Strom versorgt, wenn der Hörer abgenommen wird. Der Verstärker in der Basisstation arbeitet immer, aber die Verbindung zum Lautsprecher wird vom Schalter unterbrochen.

Analyse des Schadens

Die gute Nachricht zuerst: Die Sicherung hat überlebt 🙂

Die Primärwicklung des Klingeltrafos war durchgebrannt und nicht mehr verbunden. Als letzten dramatischen Akt seines Lebens produzierte der Klingeltrafo eine Spannungsspitze auf der 8V Sekundärwicklung.

Das ließ den Spannungsregler, Audioverstärker und die Transistoren wörtlich explodieren. Eine TVS-Diode als Überspannungsschutz hätte dies wahrscheinlich verhindern können. Auch die Mikrofon-Kapseln und der Außenlautsprecher schienen gestorben zu sein.

Die Reparatur

Glücklicher Weise konnten wir einen Klingeltrafo in ungefähr den selben Abmessungen finden. Die Pins der Primärwicklung passten in die Löcher und für die Pins der Sekundärwicklung wurden neue Löcher in den unbenutzten Bereich unter dem Trafo gebohrt. Der Austausch der Elkos, Transistoren und des LM386 Audioverstärker-Schaltkreises verliefen problemlos.

Die kleine Mikrofon-Kapsel für das Außengerät war nicht mehr beschaffbar. Wir haben eine größere ausgewählt und in das Gehäuse an einem freien Platz eingeklebt. Dazu ein neues kleines 1mm Loch durch das Gehäuse zum Mikrofon.

Der Außenlautsprecher war schwer in passender Größe zu finden und entsprechend teuer. Das wird wirklich nur als Ersatzteil für Klingelanlagen gehandelt. Beim Einbau stellte sich heraus, dass der Magnet größer war als beim Original. Die Kollision mit der Leiterplatte war zum Glück nicht dramatisch, denn der betroffene Bereich wurde ohnehin nicht genutzt. Die Platine wurde weggeraspelt bis der Platz für den Lautsprecher ausreichte.

Inbetriebnahme und Schlussbetrachtungen

Nach Austausch der defekten Bauteile funktioniert die Anlage nun wieder. Auffällig waren zwei Dinge: 1) Starke Rückkopplungen mit entsprechenden Pfeiftönen sowie 2) deutlich hörbares Brummen.

Die Rückkopplung ließ sich durch Anpassen der Trimm-Widerstände der Mikrofon-Verstärker einfach beheben. Die Ursachen für die Rückkopplung sind zum Einen, dass das Ersatz-Außenmikrophon größer, empfindlicher und näher am Lautsprecher ist, und zum Anderen, dass die Ersatz-Transistoren einen besseren Verstärkungsfaktor haben.

Das 50Hz Brummen ließ sich durch einen größeren Siebelko am Gleichrichter etwas reduzieren. Letztendlich liegt es aber an dem eigenwilligen Design des Spannungsreglers. Der kann die 50Hz gar nicht erfolgreich herausfiltern, außer mit einem noch größeren Siebelko. Eine Vermutung ist, dass das Brummen absichtlich vorhanden ist, damit man an der Außenseite hören kann, wenn Innen jemand am Hörer ist. Es ist halt keine HiFi-Soundanlage mit vergoldeten Steckern 😉

Insgesamt betrachtet haben sich unsere früheren Experimente mit einfacher Audiotechnik als sehr Hilfreich erwiesen. Wir hätten nur nicht gedacht, dass wir so einfache Schaltungen auch mal in real existierenden Geräten wiederfinden. Bestimmt lässt sich daraus auch ein schönes Elektronik-Lernprojekt für Kinder und Jugendliche machen.